Chan-Bern: innere Ruhe

Bild: Clara Loser, Maria Cuadrench und Emma Oesterling

Sieben Tage in der Woche schafft Chan Bern einen Ort an dem Praktizierende zusammenkommen und meditieren können. Es wird nach der Tradition von Sheng-Yen praktiziert, ob sitzend oder gehend, ob lang oder nur kurz. Das Ziel: Dem Alltagsstress zu entfliehen und innere Ruhe und Gelassenheit zu finden.

Von Clara Loser, Maria Cuadrench und Emma Oesterling

Chan-Bern im Überblick

Chan-Bern ist ein Meditationszentrum, das es seit März 2013 gibt, und es folgt der Lehre des humanistischen Chan-Buddhismus (chinesisch), auch besser bekannt als Zen-Buddhismus (japanisch). Das Zentrum, welches offiziell als Verein gilt, befindet sich in der Berner Altstadt und zählt nur rund 40 Mitglieder. Die Gründerin und Vereinspräsidentin Hildi Thalmann (Chang She) nimmt uns nicht nur mit in die Welt des Chans, sondern auch in dessen Räumlichkeiten, die neben ein paar anderen Zimmern vor allem aus einem sehr minimalistisch eingerichteten Mediationsraum bestehen. In diesem wird täglich meditiert. 

Glaubenslehre und religiöse Hintergründe

Die Religionsgemeinschaft «Chan-Bern» lehrt und meditiert in der Tradition des humanistischen Buddhismus von Shen Yen, einem Chan-Meister, der 1930 geboren wurde. Im Unterschied zu anderen Formen des Buddhismus ist hierbei der Fokus aufs Positive und die Vorstellung, in jedem Menschen stecke das Potential, ein Buddha zu werden. Der Buddha ist ein Mensch, der Erleuchtung unter anderem durch Meditation erlangt hat. Seine Lehre wird als der Ursprung des Buddhismus angesehen. Meister Shen Yen ist eine zentrale Figur in der Glaubensgemeinschaft, was unter anderem an den Fotos von ihm ersichtlich ist, die eine kleine Anrichte im Meditationsraum von Chan-Bern schmücken. In der Gemeinschaft werden zum grössten Teil seine Überzeugungen, Interpretationen und Werte vermittelt.  

Humanistischer Buddhismus bedeutet, dass er im Alltag und von gewöhnlichen Menschen ausgeübt wird, und macht es somit einfacher, Menschen zu erreichen. Der Begriff «Chan» kommt aus dem indischen «Dhyana», was Meditation bedeutet. «Zen», gemäss japanischer Aussprache, kam früher in den Westen, weshalb es uns geläufiger ist. Der Chan ist eine sogenannte Schule, eine Richtung des ostasiatischen Buddhismus, welcher etwa im 6. Jahrhundert in China entstanden ist. 

Bild: Clara Loser, Maria Cuadrench und Emma Oesterling

Ein grosser Teil des Chans ist die Meditation, dabei wirkt diese als Mittel, um sich unter anderem besser kennen zu lernen. Es gibt unterschiedliche Arten von Meditation. Im Chan-Bern werden neben den Sitz-Meditationen, auch regelmässig Bewegungsmeditationen durchgeführt. Wichtig ist ausserdem der Einbezug ins Alltägliche. Gründerin des «Chan-Bern», Chang She meint: «Nach Möglichkeit sollte man täglich meditieren, lieber kurz, aber regelmässig.» Das habe den Grund, dass es so zu einer Gewohnheit wird und es einem folglich auch leichter falle, zu meditieren. Die übliche Länge einer klassischen Sitzmeditation bei Chan-Bern beträgt etwa 20 Minuten.  

Wichtige Feiertage gibt es im Chan nicht. Hildi Thalmann betont jedoch, dass sie bei Chan-Bern ein-bis zweimal im Jahr ein sogenanntes Retreat empfehlen. Dabei handelt es sich um einen Tag an dem man von früh bis spät meditiert. Diese Retreats werden vom Verein angeboten. Neben den Ein-Tages-Retreats gibt es aber auch solche, die bis zu einer Woche lang sind. 

«Es beinhaltet auch religiöse Aspekte, aber für mich ist Chan vor allem eine Lehre.»

Hildi Thalmann

Wie wird Chan praktiziert

Chan wird vor allem durch Meditation praktiziert. Ziel ist es, sich in der Meditation selbst zu begegnen und neue Kenntnisse über sich selbst zu gewinnen (Z.B über mentale Abläufe). Dafür sind zwei Dinge besonders wichtig: den Geist zu beruhigen und trotzdem wach und klar zu bleiben. Der Geist wird dadurch entspannter und das Denken rationaler. Das kann helfen, besser mit seinen Emotionen und Krisensituationen umgehen zu können.  

Bei einer Chan-Meditation liegt der Fokus komplett auf der Gegenwart. Die Achtsamkeit liegt auf der Handlung. Beim Meditieren werden zuerst die Gedanken beruhigt. Eine gängige Methode dafür ist die Konzentration auf den eigenen Atem und das aktive Entspannen des Körpers. Um die Entspannung zu steigern, ist es üblich, eine sogenannte «Reise durch den Körper» zu machen. Man lenkt die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Bereich des Körpers, lockert diesen so und geht dann weiter durch den gesamten Körper. Ziel ist es, während dem Meditieren geistig ganz wach zu bleiben. So können kommende Gedanken beobachtet und Einsichten daraus gewonnen werden. Wenn eine Erinnerung kommt, beobachtet man die daraus entstehende Emotion. Man geht aber nicht weiter in die Emotion hinein und steigert sie nicht, sondern man akzeptiert sie, lässt sie vorbeiziehen und geht wieder zurück zur Konzentration auf den eigenen Atem. Während einer Meditation ist es still. Oft werden Klänge, Kerzen oder Räucherstäbchen verwendet, um die Achtsamkeit zu verstärken. Der Anfang und das Ende einer Meditation werden durch Töne verdeutlicht, um die Stille nicht zu stören. Als Abschluss folgen Niederwerfungen als Zeichen der Dankbarkeit.

Bild: Clara Loser, Maria Cuadrench und Emma Oesterling

Es gibt aber nicht nur die klassische Sitzmeditation. Auch Bewegungsmeditationen werden praktiziert. Zum Beispiel, indem man langsame und achtsame Körperbewegungen macht oder sein Gehen ganz genau beobachtet. Dabei ist man mit den Gedanken komplett im Hier und Jetzt und fokussiert sich nur auf die Bewegungen. Bei einer Gehmeditation nimmt man zum Beispiel wahr, wie der Fuss beim Gehen langsam Richtung Boden geht, den Boden berührt und langsam die ganze Fusssohle auf dem Boden aufkommt. Auch die Niederwerfungen am Schluss der Meditation können als Bewegungsmeditation ausgeübt werden. In Retreats der Chan-Gruppe gibt auch noch die Arbeitsmeditation. Man erledigt dabei eine Art Hausarbeit, probiert aber, sich ganz darauf zu konzentrieren und die anderen Gedanken vorbeiziehen zu lassen. Dies ist auch eine Übung für den Alltag.

Hildi Thalmann

Unsere Interviewperson Hildi Thalmann hat mit uns eine solche Meditation durchgeführt. Hildi ist christlich aufgewachsen. Durch eine Krisensituation kam sie zuerst zur christlichen Meditation. Dort lernte sie bereits eine ähnliche Form der Meditation kennen, wie sie sie auch heute noch praktiziert. Nach etwa sieben Jahren war sie nicht mehr zufrieden, weil es immer noch sehr in einem christlichen Umfeld stattfand und sie das Gefühl hatte, es müsse weiter werden. Dadurch begann sie mit der Zen Meditation und kam so auch zum buddhistischen Hintergrund dieser Meditation. Zu Beginn ging es ihr weniger um den buddhistischen Hintergrund, sondern eigentlich nur um die Meditation. Auch dies machte sie etwa sieben Jahre. Danach besuchte sie zum ersten Mal eine Meditation des Meister Shen Yen in einem Retreatzentrum. Seine Art der Mediation überzeugte Hildi sofort. Im Jahr 2008 erhielt sie von Meister Sheng Yeng den Auftrag oder die Erlaubnis, die Lehre der Chan weiterzugeben, also zu lehren. Dies tut sie nun in diesem Chan-Verein und in Retreats. 

Ziele

Chan Bern ist ein Ort, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den Austausch und Kontakt von Praktizierenden zu pflegen, zu fördern und zur Meditation einzuladen. Menschen sollen die Möglichkeit bekommen, in der Form des humanistischen Buddhismus zu meditieren. Durch die Meditation soll die innere Ruhe gefördert werden, welche im stressigen Alltag oft vernachlässigt wird, jedoch wichtig für ein glückliches Leben ist. Auf die Frage des Warums antwortet Hildi: 

«Chan ist eine Lösung dafür, mit dem Leben und seinen Problemen zurechtzukommen und dabei heiter zu bleiben. Es ist ein Weg, glücklich zu werden.»

Hildi Thalmann

Kontakt

Chan Bern
Brunngasshalde 37
3011 Bern

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https://chan-bern.ch

10 Antworten

  1. Lina sagt:

    Ich fand das Porträt sehr spannend geschrieben und die Gliederung im Text geschickt gewählt. Es war sehr angenehm zum lesen und die Sprache war gut eingesetzt.

  2. Livia sagt:

    Ich fand das Portrait sehr gut. Mich hat es gewundert, dass eine klassische Meditation „nur" 20 Minuten dauert.

  3. Sophie sagt:

    Ich habe vorher noch nicht viel über den Chanbuddhismus/Zenbuddhismus gewusst, und fand es sehr spannend mehr darüber zu erfahren.

  4. Leandra sagt:

    Bisher habe ich noch nicht viel über den Chanbuddhismus gewusst. Durch euer Porträt konnte ich jedoch viele neue Erkenntnise erfassen. Ich finde, dass ihr euere Porträt gut gegliedert habt und auch gut beschreibt wie man Chan praktiziert.

  5. Lara sagt:

    Ich finde sehr gut, dass nicht nur die theoretische Bedeutung des humanistischen Chan-Buddhismus erläutert wird, sondern auch, wie die Meditation praktisch umgesetzt wird.

  6. Annina sagt:

    Das Thema finde ich sehr spannend und habe bis jetzt fast noch nie darüber gelesen. Mir gefällt wie das Porträt aufgebaut wurde. Auch die Sprache ist sehr gut und inforeich.

  7. Roya sagt:

    Ich fand das Porträt sehr interessant, vor allem, dass die Meditation in dieser Religion wichtig ist. Mir gefällt wie der Text aufgebaut ist.

  8. Liam sagt:

    Ich finde das Portrait sehr spannend und gut geschrieben. Mich hat besonders verwundert, dass dieses Zentrum sieben Tage die Woche offen hat. Ich finde es sehr toll, dass ihr auch an einer Meditation teilgenommen habt.

  9. Helen sagt:

    Mir gefällt das Portrait sehr Gut! Ich finde es ermöglicht einen sehr guten Einblick in die Gemeinschaft. Besonders spannend finde ich den Ansatz der «Reise durch den Körper» und dem Beobachten der Emotionen, die Folge auf Erinnerungen.

  10. Yuges sagt:

    Ich finde es sehr spannend, dass sie jeden Tag zusammen meditieren.

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