IKRE: Glaube, Zusammenhalt, Dialog

Bild: Lara Ringgenberg und Nina Kähr

Die islamische Gemeinschaft IKRE verbindet Tradition und modernes Leben. Sie ist ein Raum für Gebet, Austausch und Unterstützung – eine zweite Familie für ihre Mitglieder. Dieses Portrait gibt Einblicke in ihren Alltag und ihre Bedeutung.

Von Lara Ringgenberg und Nina Kähr

Glauben

Die Islamische Gemeinschaft IKRE ist eine sunnitische Gemeinschaft, die den islamischen Glauben praktiziert. Die Mehrheit der Mitglieder stammt aus Albanien, Mazedonien, dem Kosovo und Südserbien, und die Gemeinschaft pflegt ihre religiösen Aktivitäten hauptsächlich in der albanischen Sprache. Die fünf Säulen des Islams bilden die Grundlage des Glaubens der Gemeinschaft:

  1. Shahada: Der Glaube an den einen Gott, Allah.
  2. Salah: Das rituelle Gebet, das fünfmal täglich abgehalten wird.
  3. Zakaat: Die Pflicht, einen Teil des eigenen Vermögens an Bedürftige zu spenden.
  4. Saum: Das Fasten während des Ramadan
  5. Hajj: Die Pilgerfahrt nach Mekka, die jeder Muslim, der dazu in der Lage ist, einmal im Leben vollziehen sollte.

Die Gemeinschaft steht jedoch nicht nur ihren Mitgliedern, sondern auch allen Interessierten offen, die mehr über den muslimischen Glauben erfahren möchten. Die regelmässigen Treffen fördern nicht nur den Glauben, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl und die gegenseitige Unterstützung. 

Bild: Lara Ringgenberg und Nina Kähr

Die Türen der Moschee sind stets geöffnet, sodass Gläubige die Möglichkeit haben, jederzeit zu beten. Der Imam, der jedes Gebet in der Moschee leitet, sieht sich selbst als Brücke zwischen Gott und den Menschen. Er betont die Wichtigkeit, auch in der modernen, hektischen Welt eine bewusste Verbindung zu Gott aufrechtzuerhalten.

Geschichte

Die erste Moschee in der Schweiz, die Mahmud-Moschee, wurde 1963 eröffnet und gehört zur Ahmadiyya Muslim Jamaat. Sie befand sich in Zürich. Zu Beginn existierte auch für die Muslime in Bern nur diese eine Moschee, die von der Ahmadiyya-Gemeinschaft als Gebets- und Versammlungsort genutzt wurde. Die Mahmud-Moschee hat von Anfang an eine bedeutende Rolle bei der Förderung des interreligiösen Dialogs und der friedlichen Koexistenz in der Schweiz gespielt. Seit ihrer Eröffnung hat die Moschee zahlreiche Veranstaltungen, Dialoge und Begegnungen mit anderen religiösen und kulturellen Gruppen organisiert. Dies ist Teil ihrer globalen Philosophie, die auf Frieden, Toleranz und gegenseitigem Respekt basiert.

Dennoch gab es auch verschiedene Herausforderungen. Eine der grössten Schwierigkeiten waren die Sprachbarrieren innerhalb der sprachlich und kulturell sehr diversen islamischen Gemeinschaft. Obwohl alle Mitglieder derselben Glaubensgemeinschaft angehörten, praktizierten sie ihren Glauben häufig in ihrer jeweiligen Muttersprache. Nur wenige Personen verfügten über ausreichende Deutschkenntnisse, weshalb sich die Kommunikation zwischen den Beteiligten als eine grosse Herausforderung erwies.

Trotz des gemeinsamen religiösen Interesses gab es zusätzliche Hürden, da die Mitglieder ihre Religion oft auf sehr unterschiedliche Weisen praktizierten. Jeder brachte die religiösen Praktiken und Rituale mit, die er in seinem Herkunftsland gelernt und verinnerlicht hatte. Diese kulturellen Unterschiede, die sich auch in den religiösen Bräuchen und der Ausübung des Glaubens widerspiegelten, erschwerten es, eine gemeinsame religiöse Praxis zu entwickeln und die Gemeinschaft zu einer harmonischen Einheit zu führen. 

Zudem führten die unterschiedlichen Weltanschauungen und Erfahrungen aus verschiedenen kulturellen Kontexten zu weiteren Herausforderungen beim Zusammenfinden. In der Folge wurde Anfang der 1990er Jahre von einigen albanischen Muslimen eine Moschee in Bern gegründet, die Europaplatz Moschee, die heute im Haus der Religionen untergebracht ist. Schliesslich nahm sich eine weitere Gruppe an Ihnen ein Beispiel und erwarb im Jahr 2004 ein Grundstück in Bümpliz. Hier gründeten sie dann die Islamische Gemeinschaft IKRE. Doch die ursprüngliche Moschee umfasste lediglich 413 Quadratmeter, was bei grösseren Gebetsversammlungen, wie dem Freitagsgebet, zu Platzmangel führte. Um dieses Problem zu lösen, wurde ein Fest organisiert, dessen Einnahmen es ermöglichten, die finanziellen Mittel für den Erwerb des gesamten Stockwerks zu generieren. Der neu erworbene Bereich des Gebäudes wird derzeit zu einer neuen Moschee umgebaut, damit zukünftig alle Gläubigen gemeinsam beten können.

Organisation und Aufbau der Gemeinschaft

Die Gemeinschaft wird von einer Leitung geführt, die aus einem Präsidenten, einem Sekretär und neun weiteren Mitgliedern besteht. Diese Personen arbeiten ehrenamtlich und erhalten daher keine Vergütung. Eine Ausnahme bildet der Imam, welcher für die geistlichen Belange der Gemeinschaft zuständig ist. Er ist in einem Angestelltenverhältnis tätig und wird für seine Dienste entlohnt. Die Gemeinschaft zählt derzeit 550 Mitglieder, die durch regelmässige Spenden den Betrieb der Moschee sowie deren Ausbau finanzieren. Jeder, unabhängig von Alter oder Familienstand, kann Mitglied werden. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 369 Euro pro Familie. Neben der finanziellen Unterstützung ist die gegenseitige Hilfe ein zentraler Bestandteil des Gemeinschaftslebens. Insbesondere in schwierigen Situationen, wie bei Todesfällen, steht die Gemeinschaft ihren Mitgliedern zur Seite. 

«Frieden, Toleranz und Zusammenhalt sind nicht nur religiöse Werte, sondern auch der Schlüssel zu einer harmonischen Gemeinschaft.»

Sali Ibrhahimi, Imam

Die Gemeinschaft sieht sich als eine zweite Familie, die ihre Mitglieder in allen Lebensbereichen unterstützt. Die Mitglieder kümmern sich umeinander und sorgen füreinander. 

Bildungs- und Freizeitangebote

Neben den religiösen Praktiken ist die Moschee auch ein Ort des Lernens. Ein zentraler Bestandteil der Bildungsarbeit ist die Vermittlung von Wissen über den Koran, den Glauben und die Moral. Kindern wird zudem der Ablauf der Gebete und das arabische Alphabet beigebracht, um ihnen das Lesen des Korans zu ermöglichen. Diese Kurse finden einmal pro Woche am Sonntagnachmittag statt. Ein ähnliches Programm wird am Sonntagabend auch für Erwachsene angeboten. Zu den regelmässigen Aktivitäten gehören für die Kinder ausserdem Ausflüge, die sie an verschiedene Orte führen und ihre Verbindung zur Gemeinschaft stärken.

Bild: Lara Ringgenberg und Nina Kähr

Die Gemeinschaft ist multikulturell geprägt, und die Weltanschauungen der Mitglieder haben sich im Laufe der Jahre gewandelt. Während ältere Mitglieder oft im Ausland ausgebildet wurden und Wissen aus ihren Familien mitbringen, wachsen jüngere Generationen in einem Umfeld auf, das stärker von verschiedenen Kulturen und Traditionen geprägt ist. Trotz dieser Unterschiede eint alle das gemeinsame Ziel, mehr über den Islam zu lernen und ihren Glauben zu praktizieren. Beim Gebet stehen ältere und jüngere Gläubige in einer Reihe, was den starken Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft unterstreicht.

Religiöse Feste und Veranstaltungen

Feste werden seltener gefeiert, aber die wichtigsten religiösen Ereignisse, wie das Zuckerfest (Beyram) und das Opferfest, werden gemeinsam begangen. Während des Ramadan trifft sich die Gemeinschaft mindestens viermal, um gemeinsam zu beten und sich auszutauschen. Diese Veranstaltungen sind geprägt von gemeinschaftlichen Mahlzeiten und intensivem Gebet, wodurch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt wird. 

Bedeutung des Gebets im Alltag

Nach Ausssage des Imams besteht in der modernen Welt, die von vielfältigen Verpflichtungen und einem schnelllebigen Alltag geprägt ist, die Gefahr, dass die Verbindung zu Gott verloren geht. Für einen Muslim sei es daher von zentraler Bedeutung, sich regelmässig Zeit für das Gebet zu nehmen, um eine direkte Verbindung zu Gott herzustellen. Während wir Menschen oft mit unserer Umwelt beschäftigt sind, stellt das Gebet eine Möglichkeit dar, sich auf die Beziehung zu Gott zu konzentrieren. Diese Zeit wird als «Waschung» und «Ernährung» der Seele beschrieben, da sie den Gläubigen geistlich reinigt und stärkt.  

«Das Gebet ist eine Gelegenheit, die alltäglichen Verpflichtungen hinter sich zu lassen und eine tiefere, spirituelle Beziehung zu Gott zu pflegen.»

Sali Ibrhahimi, Imam

Vor jedem Gebet ist eine rituelle Reinigung des Körpers erforderlich, die durch das Waschen der Hände und des Gesichts erfolgt, um sich innerlich und äusserlich auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten. Der Imam leitet jedes Gebet in der Moschee, doch es steht den Gläubigen frei, ihre Gebete auch im privaten Umfeld zu verrichten.

Die Mehrheit der Gläubigen betet in ihrem privaten Umfeld, doch am Freitag versammelt sich die gesamte Gemeinde zum Freitagsgebet, das normalerweise vor etwa 500 Personen abgehalten wird. Wegen des Platzmangels müssen die Gläubigen dabei dicht beieinanderstehen und Frauen beten in der Regel von zu Hause aus, da der Platz primär für Männer reserviert ist. Da das Freitagsgebet mittags stattfindet, müssen viele Mitglieder eine Bewilligung von der Arbeit einholen, was sich als schwierig, jedoch nicht unmöglich erweist. 

Im Anschluss an die Predigt des Imams folgt eine gemeinsame Gebetsrunde. Danach hält der Imam eine weitere Predigt, in der er über aktuelle Themen und Ereignisse spricht und sowohl potenzielle Verbesserungen als auch positive Entwicklungen hervorhebt. Die Türen der Moschee stehen den Gläubigen jederzeit offen, sodass sie nach Belieben zum Gebet kommen können.

Kontakt

Islamische Gemeinschaft IKRE Bern
Morgenstrasse 148
3018 Bern

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https://ikre-bern.ch/

4 Antworten

  1. Cyril sagt:

    Ich finde es schön, dass dieser Text auch interne Konflikte in der Gemeinschaft behandelt, wie die Überwindung der Sprachbarriere oder die diversen Glaubensvorstellungen. Was mich erstaunt ist, dass bis zu 500 Personen beim wöchentlichen Freitagsgebet dabei sind. Eine beeindruckende Zahl, die wohl nur noch in wenigen Glaubensgemeinschaften so anzutreffen ist.

  2. Antonia sagt:

    Ich wusste bis jetzt nicht viel über die islamische Gemeinschaft IKRE in Bern. Durch das Portrait lernte ich besonders die Intentionen und Ziele der Gemeinschaft besser kennen. Besonders gefielen mir die ausführlichen Beschreibungen, wodurch ich viel neues lernen konnte.

  3. Mila sagt:

    Ein gelungenes Porträt. Ich wusste nicht viel über die Islamische Gemeinschaft IKRE. Besonders die Infos zur Geschichte haben mir gefallen.

  4. Lea sagt:

    Ein sehr schönes Porträt. Ich finde es sehr schön wie ihr die Gemeinschaft und ihre verschiedenen Bräuche ausführlich dargestellt habt.

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